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Thema des Jahres

Herausforderung Energie- und Klimawende: Wie gelingt bezahlbare Klimaneutralität?

Immer schärfere energetische Vorgaben für Gebäude können nicht die Lösung für ein klimaneutralen Wohnen sein. Denn es zeigt sich, dass bei sehr hohen energetischen Standards das eingesetzte Geld in keinem guten Verhältnis mehr zur dadurch erreichten Energieeinsparung steht. In der Folge steigen die Mieten, die Nebenkosten aber gehen nicht merklich zurück. Der viel sinnvollere Hebel liegt aus Sicht der Wohnungswirtschaft deshalb in der Energie- und Wärmeversorgung von Gebäuden.

Um die Wärmeversorung auf erneuerbare Energien umzustellen, hat der Bundestag im Juni 2023 mit der Beratung über die Reform des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) begonnen. Heizungen sollen künftig zu mindestens 65 Prozent aus erneuerbaren Energien gespeist werden. Nachdem der Entwurf der von den Medien "Heizungsgesetz" genannten Regelung schwerer Kritik ausgesetzt war, einigte sich die Bundesregierung auf Leitlininen, nach denen der Gesetzentwurf innerhalb des parlamentarischen Verfahrens geändert werden soll. Im September 2023, so der Stand zum Redaktionsschluss, soll die Regelung im Bundestag verabschiedet werden. Insbesondere begrüßte die sozial orientierte Wohnungswirtschaft, dass die Fristen zur Heizungsumstellung mit der kommunalen Wärmeplanung verzahnt werden. Kritisch sieht sie allerdings das Förderkonzept, welches Wohnungsunternehmen und Mieterinnen und Mieter gegenüber Privateigentümern benachteiligt.

Wärmepumpen können eine Lösung für die klimaneutrale Beheizung von Gebäuden sein, Fernwärme eine andere.
Foto: Vonovia/Bierwald

In einer vorherigen GEG-Novelle hatte die Bundesregierung bereits den Effizienzhausstandard 55 zur Pflicht für alle Neubauten erhoben und so zu höheren Baukosten beigetragen. Die Förderung des 55-er-Standards durch die Bundesförderung für effiziente Gebäude war zu diesem Zeitpunkt bereits eingestellt worden.

Das magische Wort "Mieterstrom"

Wer klimaneutral wohnen will, muss seinen Strom ebenfalls aus erneuerbaren Energien beziehen. Durch die Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) wurden bereits 2022 attraktivere Bedingungen für den Betrieb von Photovoltaikanlagen geschaffen. So wurde unter anderem die Einspeisepauschale für Strom angehoben und die Mieterstromoption auf größere Anlagen ausgeweitet. Ein besonders wichtiger Schritt war der Wegfall der EEG-Umlage, die zuvor auch auf erneuerbaren Strom anfiel. Durch die Regelungen sollte unter anderem Mieterstrom attraktiver werden.

Bereits 2016 engagierte sich der VdW Rheinland Westfalen im Bündnis "Mieterstrom jetzt".
Foto: VdW Rheinland Westfalen

Leider gelang das nur zum Teil. Der Grund, weshalb immer noch recht wenige Mieterstrommodell umgesetzt werden: Wohnungsunternehmen und -genossenschaften müssen dafür zu Energieversorgern werden. Den allermeisten Wohnungsunternehmen fehlt dafür das Know-How und die personellen Kapazitäten. Wenn sie Mieterstrom anbieten möchten, suchen sie sich deshalb Kooperationspartner. Weil aber die Vertragsmodelle mit diesen Partnern nicht vom Gesetzgeber geregelt sind, ergeben sich zahlreiche gewerbesteuerliche Fallstricke. Die im Mai 2023 skizzierte Photovoltaikstrategie des Bundeswirtschaftsministeriums macht zumindest Hoffnung, dass sich die Bedingungen für Mieterstrom verbessern.

Ein Teilaspekt der Stromversorgung für Mieterinnen und Mieter hat die Wohnungsunternehmen und -genossenschaften 2022/23 ebenfalls beschäftigt: die Installation von Balkon-Photovoltaikanlagen. Diese sind für Mieterinnen und Mieter und für Wohnungseigentümer attraktiv, die Sicherheit für Stromnetz, Gebäude und Personen muss aber gewahrt bleiben. Der VdW hat seine Mitglieder unter anderem mit einer Arbeitshilfe des Bundesverbands zu rechtlichen und technischen Fragen unterstützt.

Die Wohnungsunternehmen und -genossenschaften stellen sich der Aufgabe eines klimaneutralen Wohnungsbestands und erarbeiten Klimastrategien. Der VdW Rheinland Westfalen unterstützt sie dabei auch mit einem CO2-Tool zur Bestimmung des Kohlendioxidausstoßes durch den eigenen Gebäudebestand. Denn das Wissen darüber steht am Anfang jeder Strategie. Mehr zum CO2-Tool erfahren Sie im Kapitel "Partner der Wohnungswirtschaft".